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Conrad Ziller erhält Studienpreis

Dissertation “Social Trust in the Face of Ethnic Diversity”

Studienpreis für Conrad Ziller 2016

Die Körber-Stiftung hat die wichtigsten Dissertationen des vergangenen Jahres ausgewählt. Der Forscher Dr. Conrad Ziller vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) erhält einen der zweiten Preise des Deutschen Studienpreises für seine Dissertation „Social Trust in the Face of Ethnic Diversity: The Moderating Role of Economic, Cultural, and Political Contexts”.

Mit dem Deutschen Studienpreis zeichnet die Körber-Stiftung unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Norbert Lammert exzellente Dissertationen aus, die besonders hohe gesellschaftliche Relevanz haben. Die Arbeit von Conrad Ziller geht der Frage nach, ob Zuwanderung das soziale Vertrauen in Europa schwächt und welche Rolle wirtschaftliche, kulturelle und politische Rahmenbedingungen spielen. Conrad Ziller promovierte von 2011 bis 2015 am Graduiertenkolleg „Social Order and Life Chances in Cross-National Comparison“ (SOCLIFE) an der Universität zu Köln und ist inzwischen Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (Lehrstuhl für Empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung, Prof. Dr. Andreß).


Preisverleihung im November in Berlin
Die Preisverleihung wird am 8. November in Berlin stattfinden, gemeinsam mit dem Schirmherrn des Deutschen Studienpreises, Bundestagspräsident Norbert Lammert. Mehr zur Auszeichnung „Deutscher Studienpreis für die wichtigsten Dissertationen des Jahres“ findet sich auf der Website der Körber-Stiftung: Pressemitteilung der Körber-Stiftung

Wir gratulieren Conrad Ziller und haben ihm einige Fragen zum Thema seiner Arbeit gestellt:


Ihre Dissertation behandelt ein aktuelles Thema. Warum haben Sie sich für dieses Thema entschieden?
Die Frage, wie Menschen mit Unterschiedlichkeit und Fremdheit umgehen, interessiert mich seit meinem Studium. Die Themenfindung für die Dissertation war aber auch von einem Puzzle in der Forschungsliteratur motiviert. Der amerikanische Politologe Robert Putnam fand 2007 einen Zusammenhang zwischen hoher ethnischer Vielfalt und niedrigen Vertrauens- und Solidaritätswerten in US-amerikanischen Nachbarschaften. Anschließend wurde dieser Zusammenhang auch für Europa untersucht, allerdings mit unterschiedlichen, zum Teil widersprüchlichen Befunden. Mich interessierte daher die Frage, wie sich ethnische Vielfalt in Europa auswirkt und ob zusätzliche Bedingungen eine Rolle spielen.

Können Sie uns Ihr Thema und Ihre Thesen etwas genauer erläutern?
Meine Dissertation untersucht die Frage: In welcher Weise und unter welchen Umständen wirkt sich Zuwanderung (und damit verbundene ethnische Vielfalt) auf soziales Vertrauen in Europa aus? Unter sozialem Vertrauen versteht man den Glauben an die prinzipielle Verlässlichkeit und Hilfsbereitschaft anderer, was für den gesellschaftlichen Zusammenhalt enorm wichtig ist. Schaut man sich die Literatur an, gehen die meisten Ansätze davon aus, dass ethnische Vielfalt soziales Vertrauen reduziert, zumindest kurz- und mittelfristig.

Der Grund ist, dass es Menschen leichter fällt mit Mitgliedern der eigenen ethnischen Gruppe zu interagieren, was mit einer allgemeinen Präferenz für Ähnlichkeit, aber auch möglichen Sprachbarrieren und wahrgenommenen kulturellen Unterschieden zwischen Gruppen zu tun hat. Erschwert ethnische Vielfalt soziale Interaktion und Netzwerkbildung, wird auch die Entstehung von sozialem Vertrauen gehemmt, da Vertrauen zentral auf Erfahrungen im sozialen Miteinander aufbaut.

Obwohl ich dieser Argumentation weitgehend folge, frage ich, unter welchen Umständen ein solcher negativer Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Vertrauen mehr oder weniger stark ausfällt. Hierbei untersuche ich die Rolle wirtschaftlicher, kultureller und politischer Rahmenbedingungen.

Auf welches Material stützt sich Ihre Untersuchung? Und was lässt sich daran ablesen?
Die empirischen Analysen basieren auf repräsentativen europäischen Umfragedaten und zeigen, dass Zuwanderung nach Europa in der Tendenz für ein geringeres soziales Vertrauen sorgt. Zudem beeinflussen bestimmte Kontextfaktoren diesen Zusammenhang maßgeblich. Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten ist der Vertrauensverlust besonders stark. Ebenso verstärkt mangelnde Toleranz im sozialen Umfeld den negativen Effekt von Zuwanderung.

Ein Vertrauensverlust zeigt sich auch insbesondere bei konservativen Menschen, die in Ländern mit umfangreichen Integrationsmaßnahmen für Zuwanderer leben. Umgekehrt formuliert verdeutlichen die Ergebnisse, dass wirtschaftliches Wachstum und ein von Toleranz geprägtes soziales Miteinander einem Vertrauensverlust entgegenwirken.

Was bedeutet Ihnen der Gewinn eines der zweiten Preise des Deutschen Studienpreises?
Beim Deutschen Studienpreis geht es neben der fachlichen Qualität der Arbeiten auch vorrangig um die gesellschaftliche Relevanz. Dass meine Dissertation in beiderlei Hinsicht überzeugen konnte, freut mich natürlich sehr. Der Preisgewinn bedeutet vor allem, dass meine Forschungsergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ein Großteil der sozialwissenschaftlichen Forschung wird nach wie vor kaum von der Öffentlichkeit und politischen Entscheidungsträgern wahrgenommen, obwohl sich das seit einigen Jahren ändert.

Natürlich sehe ich den Preisgewinn auch als Anerkennung meiner persönlichen Leistung. Darüber hinaus entsteht so eine Dissertation nicht im luftleeren Raum. Die Anbindung an das Graduiertenkolleg SOCLIFE hat wesentlich zum Erfolg der Arbeit beigetragen. Daher ist der Preisgewinn auch eine Auszeichnung für die Universität zu Köln als Standort für hervorragende sozialwissenschaftliche Forschung.


Vielen Dank für das Interview!