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Lässt sich Unsicherheit in der beruflichen Laufbahn messen?

Kölner Juniorprofessorin Dr. Annabelle Hofer entwickelt neue Skala zur Messung von Laufbahnunsicherheit

Bild: Blonde Frau mit Brille sitzt am Schreibtisch. Kopf in der Hand aufgestützt. Schaut gelangweilt auf den Bildschirm.

Karrieren verlaufen heute meist wesentlich weniger statisch, als in früheren Generationen. Unsicherheiten bringen beispielsweise organisatorische Umstrukturierungen mit sich, ebenso wie der globale Wettbewerb in der Wirtschaft oder technologische Fortschritte. Ereignisse wie Wirtschaftskrisen oder weltweite Pandemien erhöhen die Wahrnehmung der Laufbahnunsicherheit zusätzlich.

Auch in der Forschung hat die Betrachtung der „beruflichen Laufbahnunsicherheit“ (kurz: LU; engl. career insecurity, CI) stark an Bedeutung gewonnen. Einen grundlegenden Beitrag zur aktuellen Laufbahnunsicherheitsforschung geleistet, hat ein Team um Annabelle Hofer von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln und Prof. Dr. Daniel Spurk von der Universität Bern, mit ihrer Studie „Conceptualizing career insecurity: Toward a better understanding and measurement of a multidimensional construct“ („Konzeptualisierung von Laufbahnunsicherheit: Auf dem Weg zu einem besseren Verständnis und zur Messung eines multidimensionalen Konstrukts“).

Zunächst stellten die Forscher:innen eine Definition der Laufbahnunsicherheit auf, die vier Kernmerkmale bisheriger Definitionen vereint: Unsicherheit, die Perspektive der zukünftigen Zeit, Mehrdimensionalität sowie den jeweiligen Kontext. In diesem Sinne gilt Karriereunsicherheit als „Gedanken und Befürchtungen des Einzelnen, dass sich zentrale inhaltliche Aspekte der beruflichen Zukunft möglicherweise ungewollt entwickeln könnten.“

Gemeinsam mit ihrem Team entwickelten die Forscher:innen darauf aufbauend mit dem „MU-CI-S“ ein neues Maß für Laufbahnunsicherheit. Auf einer multidimensionalen Laufbahnunsicherheitsskala unterscheiden sie dabei 32 Items innerhalb folgender acht Dimensionen: LU-Karrieremöglichkeiten, LU-erhöhtes Prestige und Qualifikationsanforderungen der Beschäftigung, LU-vertragliche Beschäftigungsbedingungen; LU-Arbeitslosigkeit; LU-Wechsel des Arbeitsplatzes; LU-Ruhestand; LU-Arbeit-Nicht-Arbeit-Interaktionen; und LU-Diskrepanz zwischen individuellen Ressourcen und Arbeitsanforderungen. Mit ihrem multidimensionalen Forschungsansatz erweitern Annabelle Hofer, Daniel Spurk und ihre Kolleg:innen bisherige Konzeptualisierungen von Laufbahnunsicherheit, die lediglich eindimensional agieren und sich inhaltlich nicht auf einzelne Bereiche der Unsicherheiten spezifizieren.

In der Praxis lassen sich mithilfe dieser Skala valide, zuverlässige und leicht verständliche Selbsteinschätzungen der Mitarbeiter:innen eines Betriebs einholen und in einem entsprechenden Unsicherheitsprofil abbilden. Dies nützt beispielsweise der Karriereberatung, indem auf Basis des Profils maßgeschneiderte Interventionsstrategien möglich werden. Überdies erleichtert es die Skala Unternehmen, den Unsicherheiten ihrer Mitarbeiter:innen mit gezielten Maßnahmen entgegenzuwirken. Darüber hinaus lassen sich allgemeine Empfehlungen für Unternehmen ableiten, wie beispielsweise das Einführen von Programmen, Techniken oder Schulungen, die darauf abzielen, die berufliche Unsicherheit zu verringern. Dies könne dazu beitragen Gesundheit und Wohlbefinden von Arbeitnehmer:innen zu steigern und damit letztlich deren Arbeitsleistung sowie den Karriereerfolg.

Das Paper zu den Forschungsergebnissen von Annabelle Hofer, Daniel Spurk und ihren Kolleg:innen wurde im renommierten Personnel Psychology Journal veröffentlicht und vor kurzem als „Top Downloaded Article“ ausgezeichnet.