zum Inhalt springen

Tim Gottschalk erhält Wissenschaftspreis des FPSB

Bachelorarbeit ausgezeichnet

Tim Gottschalk hat für seine Bachelorarbeit im Fach Betriebswirtschaftslehre zum Thema „Konsequenzen der Niedrigzinspolitik auf das Anlageverhalten – Eine Analyse der Portfolios deutscher Privathaushalte“ den mit EUR 1.000 dotierten Wissenschaftspreis des Financial Planning Standards Board „FPSB“ in der Kategorie Bachelorarbeiten gewonnen. Die Arbeit wurde von Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels (Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre der Universität zu Köln) und Arndt Kund  betreut und für sehr gut (1,0) befunden.

Im Rahmen der Arbeit hat Tim Gottschalk das Anlageverhalten der deutschen Haushalte in der Zeit von 2010 bis 2016 anhand einer Bundesbank Studie analysiert. Ziel war es, die Auswirkungen der aktuellen Niedrigzinsphase zu quantifizieren. Im Rahmen dessen konnte Herr Gottschalk vor allem die Wichtigkeit von „Financial Literacy“ herausarbeiten. Das heißt, dass das Wissen, was Haushalte im Umgang mit ihren Finanzen haben, maßgeblich zu deren Anlageerfolg beiträgt. Ferner war es ihm möglich festzustellen, dass viele Portfolios unterdiversifiziert sind, und damit nicht optimal auf die Niedrigzinsphase vorbereitet sind.


Im folgenden Interview hat der Preisträger Tim Gottschalk uns Genaueres zum Thema seiner Bachelorarbeit verraten und gibt unter anderem Tipps für Kommiliton*innen.

Weitere Informationen zum Wissenschaftspreis des FPSB finden Sie hier:
http://www.fpsb.de/fpsb-deutschland/wissenschaftspreis.html

 

Interview mit Preisträger Tim Gottschalk


Herr Gottschalk, wie kamen Sie zum Thema Ihrer Bachelorarbeit?

Bereits zu meiner Schulzeit haben mich Finanz- und Kapitalmarktthemen sehr begeistert. Während des Studiums konnte ich meine Kenntnisse in diesem Bereich durch die Wahl geeigneter Schwerpunkte (primär Corporate Finance und Finanztheorie) weiter vertiefen.

Auch interessiere ich mich sehr für quantitative Zusammenhänge. Ich habe deshalb nach einem Thema mit Kapitalmarktbezug gesucht, das es mir erlaubt, Modellierungen auf Grundlage einer breiten Datenbasis durchzuführen. Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik mitsamt zugehöriger Haushaltsportfolios zu modellieren vereinte diese Interessen.

Was hat Sie an dem Thema gereizt?

Zum einen die Aktualität und Praxisrelevanz. Noch nie in der Geschichte gab es ein so lange andauerndes, globales Niedrigzinsumfeld. Dies stellt Sparer und Privathaushalte vor große Herausforderungen, weshalb ich es als sinnvoll erachtete, praxisnahe Handlungsempfehlungen auf Basis meiner Analysen abzuleiten. Zum anderen hat mich gereizt, dass in der Literatur noch keine ausführliche Untersuchung während des Niedrigzinszeitraums für deutsche Privathashalte stattfand. Ich konnte also ein Stück weit „Neuland“ betreten und an einem Thema arbeiten, das in dieser Form noch unerschlossen war.

Was waren besondere Herausforderungen?

Die größte Herausforderung bestand darin, die Haushaltsportfolios auf Basis nachvollziehbarer und realistischer Annahmen zu modellieren.  
Schließlich müssen Vereinfachungen getroffen werden, um 4500 Haushalte abzubilden. Zugleich soll dabei aber die Unterscheidbarkeit der Portfolios nicht verloren gehen. Dieser „Spagat“ ist am Ende dadurch gelungen, dass ich die Haushalte in verschiedene Klassen segmentiert und die Portfolios jeder Klasse aggregieret abgebildet und vergleichen habe. Eine zweite Schwierigkeit war es, an vollständige (Kapitalmarkt-)Daten zu gelangen, die eine Modellierung zuverlässig ermöglichen. Hierzu musste ich Indizes teils händisch bereinigen, da ich nicht auf Datenanbieter wie Bloomberg oder Capital IQ zurückgreifen konnte.

Haben Sie Tipps für Ihre Kommiliton*innen?

Wenn man quantitativ arbeiten möchte, empfehle ich in jedem Fall, erst die Analyse vollständig durchzuführen und sich von Anfang an eine klare Struktur zu überlegen. Hierbei ist zu beachten, dass es viel Zeit in Anspruch nehmen kann, bis man die angeforderten Daten erhält (bei mir waren es knapp 4 Wochen). Ich empfehle deshalb sich möglichst früh Gedanken zu machen, welche Daten in Frage kommen und welche Stellen für den Erhalt kontaktiert werden müssen.

Können Sie den Begriff Financial Literacy genauer erklären und deutlich machen, warum sie so wichtig ist?

Financial Literacy beschreibt knapp gesagt das Finanzwissen eines Haushalts, also wie gut er mit der Funktionsweise verschiedener Anlageklassen (Bankkonten, Versicherungen, Aktien oder  Rentenpapiere) vertraut ist. Dazu gehört, ob er den Nutzen von Diversifikation kennt und ob er sich der langfristigen Renditen und Risiken der einzelnen Anlageformen bewusst ist. Leider ist das Finanzwissen vieler Haushalte nicht besonders ausgeprägt. Beispielsweise nehmen sie Aktien als risikoreicher wahr, als sie es bei einer Betrachtung sehr langfristiger Anlagezeiträume tatsächlich sind. Hierdurch resultieren suboptimale und irrationale Anlageentscheidungen, die besonders in einem Umfeld niedriger Zinsen für Geldmarktkonten eine starke Auswirkung auf die Renditen haben.

Die Vermittlung von Wissen, um reflektiert, selbstbestimmt und unter Einbeziehung notweniger Kenntnisse Anlageentscheidungen treffen zu können, sollte deshalb dringend stärker gefördert werden. Ich halte es deshalb auch für sinnvoll, dieses Thema bereits in der Schule anzureißen bzw. grundlegende Kenntnisse über finanzielle Zusammenhänge zu vermitteln. Leider wird dies in der Praxis oft nicht getan.

Was bedeutet für Sie der Gewinn des Wissenschaftspreises?


Es freut mich sehr, dass eine Jury, bestehend aus 4 hochrangigen Professoren, meine Arbeit als sehr gut erachtet. Gleichzeitig ist es auch ein Lob für die gute Betreuung am Lehrstuhl Hartmann-Wendels. Nicht zuletzt freue ich mich über das Preisgeld von 1000 €, für welches man als Student immer eine Verwendung hat.

Wofür werden Sie das Preisgeld einsetzen?

Eigentlich müsste ich das Geld in das Portfolio investieren, welches sich in meiner Arbeit optimal erwiesen hat. Da ich aber ab Juli ein längeres Praktikum in der Strategieberatung in München mache, geben mir die 1.000 € bei der Wohnungssuche etwas mehr Spielraum, wofür ich ganz dankbar bin.

Wie sind Ihre Pläne, nachdem Sie Ihr Bachelorstudium abgeschlossen haben?

Bis Ende Juni absolviere ich noch ein Praktikum in der Transaktionsberatung in Frankfurt. Danach wechsle ich von Juli bis Ende September für ein Praktikum in der Strategieberatung nach München. Ab Herbst werde ich dann voraussichtlich mein Finance-Masterstudium beginnen, vermutlich ebenfalls an der Uni Köln.

Vielen Dank für das Interview, Herr Gottschalk!

Interview: Sarah Brender