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Teure Taxifahrten für Geschäftsreisende

Taxifahrten auf Spesenrechnung sind teurer als selbstbezahlte

Portrait Prof. Dr. Matthias Sutter

Wer kennt es nicht: Angekommen in einer fremden Stadt ist man auf den Taxifahrer und seine Ortskenntnis angewiesen. Bei manchem mag dabei der böse Verdacht schlummern, dass der Fahrer vielleicht nicht korrekt abrechnet. Dieser Verdacht könnte stimmen, wie jetzt Professor Dr. Matthias Sutter vom Lehrstuhl "Economics: Design and Behavior" zusammen mit seinen Kollegen Loukas Balafoutas und Rudolf Kerschbamer von der Universität Innsbruck in einer Studie bestätigt. Denn Taxifahrer berechnen ihren Fahrgästen höhere Preise, wenn sie wissen, dass ihre Kunden fremd in der Stadt sind und auf Spesenkosten fahren. Die Fahrkosten stiegen im Durchschnitt um 7 Prozent.

Die Studie „Second-Degree Moral Hazard in a Real-World Credence Goods Market“ ist in The Economic Journal 127, Februar 2017 erschienen. DOI: 10.111/ecoj.12260.

Starke Anreize für unehrliches Handeln

Märkte für sogenannte Vertrauensgüter wie Taxifahrten oder medizinische Therapien bieten den Anbietern dieser Leistungen starke Anreize für unehrliches Handeln. Da die Qualität der erbrachten Leistungen vom Käufer meist nicht beurteilt werden kann, kann der Verkäufer leichter als bei anderen Gütern betrügen. Die Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Informationsasymmetrie“. Sie kann zu einem moralischen Fehlverhalten ersten oder zweiten Grades führen: Beim ersten Grad nutzt der Käufer die Deckung seiner Kosten durch einen Dritten (z.B. eine Versicherung oder ein Arbeitgeber) aus, um nicht geplante zusätzliche Leistungen zu erhalten. Beim zweiten Grad ist es der Anbieter, der die Unwissenheit des Käufers ausnutzt, um mehr Geld berechnen zu können. Gegenstand der Untersuchung war das Fehlverhalten zweiten Grades.

„Ich möchte nach …Wissen Sie, wo das ist?"

Sutter ließ von seinen Assistenten 400 Taxifahrten in Athen durchführen. Alle Fahrten wurden mit dem Satz „Ich möchte nach …Wissen Sie, wo das ist? Ich komme nicht aus Athen.“ eröffnet. Zweihundert Fahrten davon wurden mit dem Satz ergänzt: „Kann ich am Ende der Fahrt eine Quittung haben?“, zweihundert weitere mit dem Satz: „Kann ich am Ende der Fahrt eine Quittung haben? Ich brauche sie, um die Kosten von einem Arbeitgeber erstattet zu bekommen?“. Dieser letzte Fall eröffnete den Fahrern die Möglichkeit zu moralischem Fehlverhalten, denn der Fahrgast kannte sich nicht aus und würde voraussichtlich auch nicht gegen höhere Preise protestieren, weil er die Spesen rückerstattet bekäme.

Untersucht wurde, in wie weit zu hohe Fahrkosten berechnet wurden und ob es zusätzliche, nicht benötigte Dienste gab. Bei 112 von den 400 Fahrten (28 Prozent) wurde zu viel Geld verlangt und der Fahrpreis stieg um Schnitt um 7 Prozent. Um ein höheres Fahrentgelt verlangen zu können, griffen die Fahrer dabei zu unterschiedlichen Tricks: Knapp 77 Prozent verlangten Entgelt für Fantasieleistungen (Fahrt zu dem oder vom Flughafen, Seehafen etc.). In 14 Fällen waren die Taxameter manipuliert oder wurde der Nachttarif anstatt des Tagestarifs verwendet. Schließlich wurde in 5 Prozent der Fälle einfach der Fahrpreis aufgerundet.


Frauen bezahlten häufig höhere Fahrgebühren


Von den 4 Mitarbeitern, die das Experiment durchführten, waren zwei jeweils männlich und zwei weiblich. Interessiert zeigten sich die Wissenschaftler aus Köln und Innsbruck deshalb auch an Unterschieden in Bezug auf das Geschlecht der Fahrgäste. Tatsächlich konnten die Forscher feststellen, dass Frauen um 26 Prozent häufiger höhere Fahrgebühren bezahlten als Männer.
Einen wesentlichen Anstieg zusätzlicher, nicht benötigter Dienstleistungen (wie Umwegen) konnten die Wissenschaftler weder bei Männern noch bei Frauen feststellen. Sie lohnen sich nicht für den Taxifahrer: „Die Überberechnung ist lukrativer und erhöht den Verdienst des Fahrers, ohne zusätzliche Kosten wie Treibstoff oder Reparaturkosten hervorzurufen“, so Sutter.

„Das Experiment zeigt, dass moralisches Fehlverhalten einen wirtschaftlich wichtigen und statistisch signifikanten positiven Effekt auf die Wahrscheinlichkeit und die Höhe der zu viel berechneten Beträge hat“, erklärt Matthias Sutter. „Das deutet darauf hin, dass moralisches Fehlverhalten zweiten Grades einen bedeutenden Einfluss auf die Bereitstellung von Dienstleistungen in einem Vertrauensgütermarkt haben kann.“