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Feedback verbessert Antibiotika-Verordnungsverhalten von Kinderärzten

Interdisziplinäre Studie von Prof. Dr. Daniel Wiesen

Prof. Dr. Daniel Wiesen

Expertenfeedback kann zu besseren Entscheidungen über die Verordnung von Antibiotika führen. Das haben jetzt Wissenschaftler der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät und der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln in einer experimentellen Studie gezeigt. Insbesondere noch unerfahrene Ärztinnen und Ärzte profitierten von Expertenfeedback, fand das Team unter der Leitung von Professor Daniel Wiesen vom Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Management im Gesundheitswesen an der Universität zu Köln heraus.

Häufig werden heute noch von Ärztinnen und Ärzten Antibiotika verschrieben, auch wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Ein übermäßiger Gebrauch von Antibiotika fördert jedoch nicht nur die Entstehung von Antibiotikaresistenzen sondern kann negative Folgen für die Gesundheit haben. Besonders bei Kindern, die sich noch in der Entwicklung befinden, ist Vorsicht geboten. 

Mithilfe eines kontrollierten Entscheidungsexperiments untersuchten Professor Wiesen (Junior Coordinator der WiSo-Key Research Profile Area Behavioral Management Science und seine Kollegen erstmals den kausalen Effekt von Feedback auf Therapieentscheidungen einzelner Kinderärztinnen und –ärzte. Das Experiment bestand aus drei Stufen: In jeder Stufe wurden die Teilnehmenden gebeten, für 40 hypothetische Patientinnen und Patienten zu entscheiden, ob und für wie lange sie Antibiotika verordnen würden. Zu Beginn der zweiten Stufe wurde den Teilnehmenden angekündigt, dass sie Expertenfeedback zu ihren Therapieentscheidungen erhalten würden, welches auf Empfehlungen von Direktoren deutscher Kinderkliniken beruhte. Am Ende der zweiten Stufe erhielten sie tatsächlich Feedback über ihre 40 Therapieentscheidungen. 

Während die bloße Ankündigung von Feedback keinen signifikanten Effekt auf die Therapieentscheidungen hatte, führte die tatsächliche Bereitstellung von Expertenfeedback dazu, dass die gewählte Therapiedauer im Durchschnitt um etwa einen Tag (10 Prozent der ursprünglich gewählten Dauer) zurückging. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass deskriptives Expertenfeedback ein wirksames Mittel sein kann, um insbesondere Kinderärzte, die noch unerfahren sind, zu einer angemesseneren Antibiotika-Verschreibung zu führen. Ein einfacher und kleiner „Nudge in Form von Expertenfeedback könne mithin dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte ihr Verordnungsverhalten verbessern. „Nudging“ (englisch für anstoßen oder anschubsen) ist eine verhaltenstheoretisch begründete Methode mit dem Ziel, das Verhalten von Menschen ohne ökonomische Anreize zu beeinflussen.

„Uns hat überrascht, dass ein simpler Ansatz wie die Bereitstellung von Expertenfeedback einen so großen Effekt auf ärztliche Verordnungsentscheidungen haben kann.“, fasst Studienleiter Wiesen zusammen. „Das Expertenfeedback hat nicht nur dazu geführt, dass kürzere Therapien gewählt wurden, sondern auch bewirkt, dass die Therapieentscheidungen in Richtung der Empfehlungen von Experten und medizinischen Leitlinien angepasst wurden“. 

Wiesen resümiert: „Wir gehen davon aus, dass sich die Bereitstellung von Expertenfeedback auch in der klinischen Praxis bewähren kann. So könnte man dem Problem übermäßiger Antibiotikaverordnungen mit einfachen Mitteln begegnen.“ Das Experiment zeigt darüber hinaus, dass auch Persönlichkeitsmerkmale – etwa wie risikofreudig oder wie erfahren der verordnende Arzt ist – die Entscheidungen und die Wirkung von Feedback beeinflussen. Um eine Veränderung des Verordnungsveraltens herbeizuführen ist es also auch wichtig, individuelle Unterschiede zu berücksichtigen.

Die Studie war Teil des interdisziplinären UoC Forums „Managerial Risk Factors in Medicine“, das von Prof. Dr. Ludwig Kuntz initiiert und durch die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern gefördert wurde. 

• Der Originaltext ist im Fachmagazin „Medical Decision Making“ erschienen:
The Effect of Expert Feedback on Antibiotic Prescribing in Pediatrics: Experimental Evidence Kerstin Eilermann, Katrin Halstenberg, Ludwig Kuntz, Kyriakos Martakis, Bernhard Roth, Daniel Wiesen.