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Strategisches Timing als Problem

Axel Ockenfels über Gefahren des Hochfrequenzhandels

Strategisches Timing - ob bei Ebay-Auktionen oder an der Börse, das Thema stellt eine Herausforderung dar. In der FAZ vom 18. April 2016 ist zu diesem Thema ein gemeinsamer Artikel der Professoren Axel Ockenfels und Peter Cramton erschienen.

Der weitverbreitete Versuch, erst kurz vor Ende einer Internetauktion zum Beispiel bei Ebay zu bieten: Dieses "Sniping" genannte Verhalten, also ein Bieten in letzter Sekunde, hält laut Ockenfels und Cramton die Preise oft niedrig und lässt die Markteffizienz leiden. Ziel des strategisch späten Timings: Andere Wettbewerber sollen so nicht mehr reagieren können und der Preis dadurch möglichst gering gehalten werden.

Dieses verzögerte Reagieren mit Hintergedanken sei auch in der Finanzwelt teilweise lohnend. Vor allem aber gehe es an der Börse beispielsweise darum, als Händler schneller als die Wettbewerber zu reagieren.  Im Fall von Kursveränderungen, etwa infolge von guten Umsatzzahlen einzelner Unternehmen, könne das schnelle Reagieren auf Marktveränderungen an den Börsen Vorteile bringen.
Der Wunsch, schneller zu sein als die anderen, führt dabei zu einem Wettrüsten im gesamten Finanzmarktsystem, so Ockenfels und Cramton. Der Hochfrequenzhandel ist die Folge: eine Handelstechnik, bei der Wertpapiertransaktionen immer stärker von eigenständigen, extrem schnellen Hochleistungscomputern ausgeführt werden.

Die beiden zweifeln jedoch an dem gesamtwirtschaftlichen Nutzen dieser Entwicklungen: Es bestehe so der Anreiz, in immer schnellere Verbindungen zu investieren, auch wenn so gesamtwirtschaftlich keine zusätzlichen Werte geschaffen werden.
Die Lösung sehen die Autoren im Marktdesign. Dieses biete zum Beispiel bei den vom Sniping betroffenen Internetauktionen die Möglichkeit, durch ein "weiches Auktionsende" bei späten Auktionen die Laufzeit der Auktion automatisch auszudehnen.

Im Fall des Snipings bei Finanzmärkten werden ebenfalls Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Eine Option sehen die Autoren des Artikels darin, die eingehenden Gebote nicht nacheinander abzuarbeiten. Stattdessen könnten beispielsweise 100 Millisekunden als fester Intervall gesetzt werden, um die minimalen Geschwindigkeitsvorsprünge, mit denen der Effizienzverlust einhergeht, zu reduzieren.
Cramton und Ockenfels sind überzeugt, der Wettbewerb um die größte Geschwindigkeit würde sich so in einen Wettbewerb um den besten Preis verwandeln lassen.

Peter Cramton, Ph. D., lehrt an der Universität von Maryland. Prof. Dr. Axel Ockenfels lehrt an der WiSo-Fakultät der Universität zu Köln.
Der genannte Artikel erschien in der FAZ: "Hohe Frequenz, geringe Effizienz" von Peter Cramton und Axel Ockenfels, 18. April 2016, Nr. 90, S. 18.